„Liebe dich selbst wie deinen Nächsten“ Selbstmitgefühl – eine christliche Tugend?

13.03.2023

Was ich für mich tun kann, wenn ich es am meisten brauche

Zu diesem Thema referierten ansprechend und kompetent die Psychologin Sabine Frischholz-Fink und der Religionslehrer Thomas Fink aus Weiden.

Es waren 48 Teilnehmerinnen nach Johannisthal gekommen, die einen sehr nachhaltigen Tag erlebten.

Zunächst zeigte die Referentin die Definition und zentrale Aspekte zum Thema auf.

Mitgefühl mit sich selbst zu haben, bedeutet nicht in Selbstmitleid zu schwelgen, sondern sich selbst auch bei Fehlern und Misserfolgen genauso gütig und verständnisvoll zu behandeln, wie wir es mit einem guten Freund oder geliebten Menschen tun würden.

Ein gütiger Umgang mit sich ist unentbehrlich, um aufrichtige Liebe gegenüber anderen zu empfinden.

Dazu gehören 3 Komponenten:

  1. Die Freundlichkeit zu sich selbst. Ein mitfühlender liebevoller Umgang mit sich selbst trotz Fehlern und Schwächen, so wie du mit einem guten Freund in einer misslichen Lage umgehen würdest.
  2. Geteilte Menschlichkeit. Bei Schicksalsschlägen oder Misserfolgen wird erkannt, dass es nicht nur mir so geht. Ich bin nicht der Einzige, dem es so ergeht. Jeder macht Fehler, das ist menschlich. Gespräche können heilsam sein und verbinden.
  3. Achtsamkeit mit deinen Gefühlen. Wenn es dir nicht gut geht, versuche herauszufinden, was brauchst du jetzt, wo bist du verletzt. Sei bereit, die negativen Emotionen und Gedanken zu akzeptieren, anstatt sie zu unterdrücken. Ehrlich erkennen, was ist.

Referent Thomas Fink sprach zur theologischen Seite des Themas.

Nicht nur im Buddhismus finden wir diese Ansätze, sondern auch im Christentum. Die Kontemplation/Meditation (Vita contemplativa) wird im Christentum hoch geschätzt

In Psalmen finden wir die Achtsamkeit – das Leid wird benannt. Jesus spricht sein Leid aus: „Meine Seele ist zu Tode betrübt“

Die geteilte Menschlichkeit finden wir in der Menschwerdung Christi „Jesus – einer von uns“. Der Menschgewordene Gott – eine Besonderheit des Christentums - kann die Menschlichkeit mitfühlen. Jesus weinte beim Tod von Lazarus, weil er ihn liebte.

Die Selbstfreundlichkeit übte auch Jesus mit seinen Jüngern, z.B. durch Rückzug an einsame Orte zum Ausruhen oder Teilnahme von Festen, wie die Hochzeit von Kanaan.

Theresia von Avila legte die Freundlichkeit zu sich selbst nahe.

Fazit mit einem Zitat von Bernhard von Clairvaux:

Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann er gut sein? Denke also daran: Gönne dich dir selbst! Tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da.

Selbstmitgefühl ist eine urchristliche Tugend und Voraussetzung für echte Nächstenliebe!

Am Nachmittag gab es mit eine geführte Meditation „Der gütige Blick“ durch Sabine Frischholz-Fink. Zum Abschluss des Tages wurde gemeinsam ein Gottesdienst mit KLB-Kreisseelsorger Pfarrer Gerhard Pausch gefeiert.

Bericht: Silvia Stahl und Maria Pleyer